Etwas zum Prozess dieser Bilder, die manchmal so figurativ sind, oder so fantastisch-gegenständlich.
Man stelle sich vor: ein kleines leeres Blatt Aquarellpapier. Mit einer Wachsmalkreide mache ich – blind – aus der Bewegung heraus ein paar Linien und Kritzel. Dann fange ich an mit einer Farbe, die mir grad gefällt.
Ich erinnere krapp-rosa, helles blau, und links das Gelb.
Nach etwas unschlüssigem Suchen kam der spitze Winkel in den Blick, der ungefähr in der Mitte des Bildes liegt und den ich rot ausmalte. Der ‚Zauberer‘ folgte dann ziemlich schnell, wobei die Gestalt sich noch mehrfach veränderte, er war zunächst schmal und bläulich. Er hatte auch keinen Arm, auch die Beine kamen später und mit ihnen die Ebene, auf der er geht.
Gleichzeitig entstand durch die weiße Linie, die jetzt den Kopf der Frau bildet und vom Betrachter aus gesehen rechts von ihrem Gesicht nach unten geht, die spitze Mütze des Zauberers.
So kam dann doch eine Frauengestalt – ich hatte versucht, das Bild ohne sie zu gestalten, aber ‚sie wollte‘, oder es gab keine andere Möglichkeit, den Zauberer zu irgend etwas in Beziehung zu setzen.
Ihre Haarfarbe hat sich mehrfach verändert. Auch hatte sie nicht von vornherein Arme, und hätte auch ganz anders gestaltete Arme haben können – mein Blick fiel dann aber vermutlich auf die senkrechte Linie, die auf ihrer linken Seite entlanglief… etwas Rundes war da auch und es erinnerte mich an einen durchbrochenen Kreis in einem Bild der Woche davor… so entstand das schwingende Pendel.
Dann gibt es noch dies und das: eine schwarze altmodische Lok und Berge unten rechts, erinnert mich an ein frühes Bild von V. Kandinskij; und oben zart ein Vogel, erinnert mich an meine Freundin Anni, die solche Vögel oft in ihren Bildern zu Gast hat.
Irgendwie werden dann noch die Farben abgewogen, dies und das zugefügt, und dann ist es ‚fertig‘ in dem Sinne das nichts mehr zu verbessern scheint.
Ich habe beim Malen ‚keine ‚Ahnung‘ dass es dieses Motiv wird, und ich nehme das an, was geworden ist.
Der ‚Zauberer steht in großem Gegensatz zu dem Bild das am Anfang derselben Woche entstand:
Der Unterschied zeigt einfach nur – vieles ist möglich, nichts ist geplant. Es wird willkommen geheißen und ausgestaltet. Und was das soll?
Was sollen Träume? Wir müssen unbedingt ein bisschen träumen können, auch im Wachen. Sonst fallen wir ins rein Intellektuelle oder pragmatische, seelisch Dünne. Träume sagen uns etwas.
Manche Bilder sagen mir, dass mich etwas ohne mein Wissen beschäftigt. Manche sagen mir, dass mir manchmal ‚Großes‘ gelingt, und ich nicht umsonst male.
Manche Bilder, die ich nicht weiter besonders finde, sagen anderen Menschen etwas über deren Träume und viele Empfänger dieser wöchentlichen Bilder finden darin eine echte Anregung und Belebung in dieser schlimmen Zeit, in der wir leben, und ohne die wiederum der Impuls der Daily Dose of Art – der Tagesdosis Kunst – mir nicht so existenziell wichtig geworden wäre.
Kunst ist Seelen-nahrung.
13. Juli / 18. August 2021